Nichts für Warmduscher

Was war denn das? Ein BGL unter 30 Grad. Bei meinen bisherigen 7 BGL Teilnahmen hat es das noch nicht gegeben. Nun ja. Ich habe es ja immer so gewollt. Da darf ich mich jetzt nicht beklagen.

Trotzdem! 2. Etappe: Kaltstart im Regen! Wer braucht denn so etwas? Und Ankunft im Regen! Also ehrlich, so war das nicht gemeint!

Zugegeben. Die Wettervorhersage war verheißungsvoll. 15 Grad sollten es werden und die wurden es auch. 7 Grad am Morgen und 8 Grad am Mittag.

Was gäbe man jetzt um eine warme Dusche (Träumen ist ja nicht verboten). Doch als BGL-er haben wir uns längst damit abgefunden, dass Duschen immer kalt sind. Wir sind schon zufrieden, wenn wir uns anschließend nicht mit einem nassen Handtuch abtrocknen müssen. Das gibt dann zwar regelmäßig ein frohes HALLO unter allen Nackedeis und Nackedeusen. Doch auch darauf könnten wir notfalls verzichten.

Wie man sieht, sind es nicht nur die 80 km, die den BGL zu einer Herausforderung machen. Auch sonst sollte man hart im Nehmen sein. Kaum zu glauben, dass es unter solchen Bedingungen schwierig ist, an eine Startnummer zu kommen. Jeder Normalsterbliche würde sich mit Grausen abwenden. Fragt man jedoch einen BGL-er, so wird er kaum Worte finden, seiner Verzückung Ausdruck zu verleihen.

Ja, ja. Ein bischen verrückt ist das schon. Aber wir stehen dazu. Und das ist gut so. Denn was ist so ein bischen Wetter gegen das familiäre Flair einer liebevoll ausgerichteten Laufveranstaltung. 2,5 Tage hängt man sich auf der Pelle und bekommt so nicht nur die eigenen Hochs und Tiefs hautnah zu spüren.

5 Etappen und rund 80 km sind zu bewältigen und es soll Leute geben, die dafür weniger als 4 Std. und 30 Min benötigen. Davon bin ich zwar gut 3 Std. entfernt. Doch mein Selbstwertgefühl leidet darunter nicht. Es überwiegt der Stolz auch beim 8. Start ohne Probleme durchgehalten zu haben.

Kommen wir damit zum sportlichen Teil. Die erste Etappe begann Freitag Nachmittag, war 15,5 km lang (Garmin Fetischisten mögen mir die Ungenauigkeit hinter der dritten Nachkommastelle verzeihen) und ausschließlich flach. Die Spitze bürstet das in einem atemberaubenden Tempo ab. Und was jetzt noch niemand weiß. Die ersten fünf Plätze werden in den folgenden Etappen nicht eine einzige Korrektur erfahren. Hier merkt man eine große Lauferfahrung und ein hervorragendes Selbsteinschätzungsvermögen. Diese Kontinuität sucht man in den hinteren Rängen vergeblich.

Meine Favoriten auf den Gesamtsieg waren Timo Grub und Björn Kuttich. Doch dann kam mit Jörn Harland vom Laufwerk Gelnhasuen jemand, den kaum einer auf der Rechnung hatte und den viele auch nicht kannten. Wie dem auch sei, spätestens nach der dritten Etappe machte sich die Gewissheit breit, dass dieser Bursche heuer nicht zu schlagen war. Eine Gewissheit die am Ende der Veranstaltung mit dem Streckenrekord von 4:29:50 Std. untermauert wurde. 

Da blieben meinen beiden Favoriten nur die Plätze 2 und 3. Ist ja auch nicht schlecht. Und so kann man mit Fug und Recht allen dreien zu einer außergewöhnlichen Laufleistung gratulieren.

Die Etappen 2 – 5 waren nicht mehr flach. Ein Umstand der für die führenden irrelevant war. Die Zeiten blieben teuflisch schnell. Ganz nach dem Motto: Sollen sich doch die Schwergewichte am Berg quälen. Spätestens mit der Ersteigung des Käferbergs bei der 2. Etappe merken dann diese dann auch. Jetzt wird es ernst.

Obwohl diese Etappe von den meisten noch gut bewältigt wird, fängt die Gesamtteilnehmerliste schon hier an zu schrumpfen. Waren es nach der ersten Etappe noch 570 - 580 Teilnehmer so fielen hier schon 30 - 40 Läufer aus der Wertung. Aufgrund des schlechten Wetters fand die Mittagspause fast ausschließlich in der Halle statt. Überall lagen Matten rum und wo immer es möglich war Kleidungsstücke aufzuhängen ist dies mit 150% Auslastung geschehen. Vor dem Start zur nächsten Etappe machte ich eine neue Erfahrung. Ich sah eine große Schar von Läufern die sich in der Halle warm liefen. Da ich mich immer auf den ersten 3 – 4 Kilometern einer Etappe einlaufe, habe ich mich an diesem merkwürdigen Auftritt nicht beteiligt.

Der Start der 3. Etappe wurde aufgrund des Hessentages rund 500 m Richtung Ziel verlegt. Statt der angekündigten 16 km waren es so nur noch ca. 15,5 km (Garmin sei mir gnädig. Die Zahl ist nur geschätzt.). Trotzdem waren die letzten 4 Kilometer durch Gelnhausen so zäh wie immer. Nach dieser Etappe zierten nur noch rund 510 Namen die Gesamtergebnisliste. Noch wurde zaghaft spekuliert, ob es wohl erstmalig über 500 Gesamtfinisher geben würde.

Aber das war jetzt erstmal Nebensache. Denn jetzt freuten sich die meisten von uns auf die oberkultige Nudelparty in der Gelnhäuser Stadthalle. Diese Party ist immer wieder krass. Hier merkt man jedes Mal, dass die Läuferschar nicht niveaulos, aber durchaus rustikal ist. Die Eröffnung des Nudelbuffets dürfte jedenfalls für die Bediensteten ein Alptraum gewesen sein. Die Nudelwannen wurden von den Läufern derart erstürmt, dass es schier unmöglich war, die ewig leeren Wannen mit Nudeln und Soße wieder rechtzeitig aufzufüllen. Diese Aktion müsste man mal für Youtube filmen und der Öffentlichkeit präsentieren.

Aber auch sonst ist die Nudelparty Kult. So gibt es regelmäßig eine Tombola auf der es diesmal wieder nützliche Utensilien von Runners Point und 10 heißbegehrte Gutscheine für den nächsten BGL zu gewinnen gab. Außerdem gab es 4 hochinteressante Showeinlagen, die für sich alleine schon Grund genug wären die Nudelparty aufzusuchen. Abgerundet wurde die Sache wie immer von einem Brüder Grimm Märchen, das Jochen Herringhaus gekonnt vortrug und das man so noch nicht gelesen hat.

Gegen 10 Uhr war die Show vorbei und viele marschierten zum übernachten in die hierfür bereitgestellte Turnhalle. Das ist zwar nicht wirklich komfortabel, gehört aber irgendwie dazu. Ständige Schritte, rascheln von Taschen, auf- und zugezogene Reißverschlüsse, unerwünschte Gespräche, piepsende Wecker, Schnarch- und Pfurzgeräusche. Einfach das volle Programm. Aber was soll es. Nach der 3. Etappe ist man meistens so platt, dass man sofort wie ein Stein einschläft. Falls nicht, liegt das i.d.R. an einen kernigen Muskelkater, der einen sowieso bis zum nächsten Start wach gehalten hätte.

Die 4. Etappe beginnt innerhalb der fantastischen Kulisse der Innenstadt von Gelnhausen. Dies ist eindeutig die Königsetappe. Gewissermaßen das Alpe d`Huez des BGL. Hier sind die meisten Höhenmeter zu überwinden und anschließend geht es im Sturzflug wieder runter nach Wächtersbach. Erfahrungsgemäß hat es hier die wenigsten Läufer am Start. Eine Prognose die sich im Zieleinlauf bestätigt. In der Gesamtergebnisliste wurde die Zahl 500 knapp unterschritten. Der Hügel zu den 4 Fichten war dann wohl doch zu furchteinflößend.

Die nächste Etappe beginnt in Bad Orb. Das ist schon immer so gewesen. (Kann mir eigentlich mal jemand erklären wie das gekommen ist?). Hier erwies sich das lausige Wetter endlich mal als Vorteil. Denn diese Etappe wird dafür gehasst, dass mein ein endlos langes Stück ohne Schatten läuft. Das kann einen bei Temparaturen oberhalb von 30 Grad schon mal zermürben. Dieses Problem hatten wir heuer nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Etappe von allein gelaufen hätte. Auch diesmal hieß es Zähne zusammenbeißen und ab zum Ziel nach Steinau. Im Ziel war dann die Gesamtteilnehmerliste auf gut 490 Teilnehmer geschrumpft. Das bedeutet aber immer noch Rekord.

In Steinau stellte sich die bange Frage, ob es wohl eine Siegerehrung geben würde. Der Regen ließ viele daran zweifeln und Plan B mit einer überdachten Ausweichmöglichkeit schien nicht zu existieren. Doch wie jedes Jahr, hatte Petrus auch diesmal ein einsehen und ließ uns eine Zeitlücke, in der die Ehrung passgenau auf die Sekunde durchgeführt werden konnte. Geehrt wurden wie jedes Jahr getrennt nach Geschlecht die ersten 6 Gesamtführenden und die ersten 6 AK Gewinner und die ersten 3 Mannschaften.

Da ich den Zieleinlauf der Männer bereits vorweg genommen habe, möchte ich natürlich auch noch die Leistung der schnellen Frauen würdigen. Hier sorgte insbesondere die Wetterauer Frauenpower für Furore. Sie belegten nicht nur die Gesamtränge 1 (Andrea Meuser) und 2 (Monika Schmitt). Auch die 3. im Bunde (Brigitte Echzeller) schaffte es in Ihrer Altersklasse (W60) auf Platz 1. Das war schon eine besondere Duftmarke die diese Ladies hinterlassen haben. Als dritte im Gesamteinlauf wurde Edeltraud Musiol vom LT Bernd Hübner notiert.

Als Mitglied der Offenbacher Yeti Jäger gab es auch für mich Gelegenheit meinen Sportkameraden zu applaudieren. Neben Björn Kuttisch (3. Gesamt und 2. AK 20) wurden mit Anja und Diethelm 2 weitere Kuttichs als jeweils 6. Ihrer Altersklasse aufgerufen. Außerdem wurden noch Frank Stephan 6. Gesamt und 3. M40, Uli Amborn als 2. M50 sowie Ursula Stoll als 5. der W50 geehrt.

In der Mannschaftswertung hatte es für uns mal wieder nur zum 2. Platz gereicht. Das lag ohne Zweifel an der überragenden Laufleistung von Jörn Harland, der die Mannschaft von Laufwerk Gelnhausen auch in dieser Wertung zum Sieg verhalf. Seit der Gründung der Yeti Jäger gab es damit für uns in dieser Disziplin regelmäßig den 2. Platz. Und das obwohl die Yetis schon zweimal nicht am Start waren.

Ich schlage deshalb vor, dass wir uns in Offenbacher Yedi Ritter umbenennen. Nicht dass da am Ende noch ein Trauma hängen bleibt ;-)

Ansonsten war der Lauf wieder eine rundum gelungene Veranstaltung. Garmin Fetischisten haben mit größter Verzückung über die Ungenauigkeiten der Streckenanagaben diskutiert, während andere (Kalli Flach) meinten: „Der Lauf war keinen Schritt zu lang“. Vielen Dank den Veranstaltern für die absolut perfekte und liebevolle Organisation.

Ich darf das ruhig sagen, denn ich gehöre nicht zum Orga Team. Auch wenn es viele nicht wissen. Die Webseite ist eine Initiative, die nichts mit der Organistation zu tun hat. Meine einzige Bezahlung ist eine Grußkarte zu Weihnachten.

Scheinbar entsteht jedoch nach außen ein anderer Eindruck. Dies liegt wohl an der Bereitstellung einer Teilnehmerliste und das Konstrukt der Tauschbörse. Deshalb möchte ich diese Gelegenheit nutzen und um Verständnis werben, dass z.B. die Aktualisierung der Teilnehmerlisten manchmal etwas dauerte. Sicher werdet Ihr verstehen, dass mein Job und meine Familie Vorrang haben.

Auch die Tauschbörse kann ich nur anbieten, wenn ich damit keine Arbeit habe. Müsste ich sie pflegen, dann wäre ich gezwungen den Service einzustellen. Das wäre schade, denn allein in diesem Jahr habe ich auf diesem Weg rund 50 Läufern nachträglich zu einer Startnummer verholfen. Doch keine Angst so weit wird es nicht kommen. Ihr solltet nur wissen, dass Ihr auf der Webseite brueder-grimm-lauf.de nicht meine Kunden, sondern gern gesehene Gäste seid.

In diesem Sinne soll es das für dieses Jahr gewesen sein. Ich freu mich auf Euch und den BGL im nächsten Jahr. Dann möchte ich Euch alle fit  und gut trainiert wieder sehen. Vielleicht schaffen wir es dann zum ersten mal über die magische Grenze von 500 Finishern.

Norbert Leiendecker